Fit und nachhaltig bis ins hohe Alter!
Der Klimawandel wirkt sich nicht nur auf die Umwelt aus, er stellt auch eine erhebliche Herausforderung für die Gesundheit dar – insbesondere für ältere Menschen. Das Projekt „KliMate“ der Akademie für Altersforschung geht innovative Wege, um Bewegung, Gesundheit und Klimaschutz in Einklang zu bringen.
Wie reagieren Sie bei Temperaturen um die 35 Grad? Bleiben Sie auch lieber den ganzen Tag drinnen und vermeiden jegliche körperliche Anstrengung? „Besser nicht“, meint Thomas Dorner, Leiter der Akademie für Altersforschung am Haus der Barmherzigkeit und Public-Health-Spezialist. Die Empfehlung hält er allgemein für fehlgeleitet, aber: „Gerade im fortgeschrittenen Alter ist regelmäßige aktive Bewegung entscheidend für die Selbstständigkeit und die Gesundheit.“ Wenig Bewegung während außergewöhnlicher Wetterphänomene wie Hitze könne kontraproduktiv sein und – verkürzt dargestellt – den Weg in die Pflegebedürftigkeit ebnen.
Wetterereignisse und Gesundheit im Alter
Es steht außer Frage, dass der Klimawandel spezielle Schwierigkeiten für Ältere mit sich bringt, vor allem in Bezug auf Starkwetterereignisse oder Umweltbelastungen wie Feinstaub, Ozon und Allergene. Die längere und intensivere Pollensaison und bei uns neu blühende Substanzen wirken sich stark auf Personen mit allergischen Erkrankungen wie Asthma aus. Weitere negative Auswirkungen der Erderwärmung auf die körperliche sowie mentale Gesundheit sind Herz-Kreislauf-Probleme, Ängste, Depressionen und der Rückgang der Denkfähigkeit.
Um dem vorzubeugen, setzt sich das neue AAF-Projekt „KliMate“ das Ziel, älteren Menschen individuelle und orts- bzw. wetterspezifische Bewegungsempfehlungen zu geben. Trotz extremer Wettersituationen werden weiterhin 150 Minuten Bewegung pro Woche sowie zwei Mal wöchentlich muskelkräftigende Aktivitäten angestrebt. Gelingen kann dies, indem die Aktivitäten etwa in die frühen Morgen- oder späten Abendstunden beziehungsweise nach innen verlegt werden.
Im Rahmen dieser Bewegungseinheiten ist beabsichtigt, dass sich die Teilnehmer*innen mit anderen Menschen aus ihrer Umgebung vernetzen. „Gerade im Alter sind Bewegungstipps in Gesellschaft viel wirksamer und die soziale Interaktion ein wichtiger Aspekt“, weiß Dorner. Das Wort Mate im Projektnamen, das auf Deutsch für Kumpel oder Freund*in steht, verdeutliche diese Funktion. Der Mediziner hat die Vision, eines Tages eine App zu entwickeln, die all diese Möglichkeiten bieten kann. Zuerst aber geht es um die Erhebung der vielschichtigen Daten.
Living-Lab-Ansatz für praxisnahe Lösungen
Daran arbeitet ein interdisziplinäres Team aus 14 Fachleuten. Neben Spezialist*innen für Altersforschung, Medizin, Biologie, Sportwissenschaft und Public Health von der AAF und dem ebenfalls im Haus der Barmherzigkeit angesiedelten Karl Landsteiner Institut für Gesundheitsförderungsforschung (KLI) sind auch Bereiche wie Meteorologie, Physik, Psychologie, Sozioökologie, Kunstgeschichte und Technik involviert. Partnerschaften sind dabei unter anderem mit der Universität für Bodenkultur Wien, GeoSphere Austria und dem Studio Dankl aufrecht. Die Zusammenarbeit mit Technikunternehmen wie dem Austrian Institute of Technology und NOUS Wissensmanagement rundet die Vielfalt und Innovationskraft der Teamzusammenstellung ab. Gefördert wird das Projekt von der Forschungsförderungsgesellschaft (kurz FFG).
Dabei kommt der Living-Lab-Ansatz zum Tragen. Tagebuchstudien, Forschungsspaziergänge und Co-Design-Workshops mit rund 20 älteren Personen ab 65 Jahren ermöglichen einen praxisnahen Blick auf die Bedürfnisse, Routinen und Herausforderungen der Zielgruppe. Bei einem Forschungsspaziergang etwa erkundet die Gruppe gemeinsam die Nachbarschaft, zeigt Bewegungsmöglichkeiten auf und dokumentiert Hindernisse. „Mit diesem Forschungsansatz gehen wir nicht an den Bedürfnissen der Endnutzer*innen vorbei, sondern binden sie aktiv in die Entwicklung ein“, so der Public-Health-Experte, der mit seinen beiden Teams an der AAF und dem KLI intensiv an den Bewegungsempfehlungen arbeitet.
Bewegungsförderung als Beitrag zum Klimaschutz
Die durch „KliMate“ gewonnene Gesundheit und Mobilität älterer Menschen hat noch einen weiteren positiven Aspekt. Sie soll auch einen wesentlichen Beitrag zur CO2-Einsparung leisten. Das Projektteam untersucht deswegen auch, wie sich eine vermehrte Nutzung von Fahrrädern und Fußwegen positiv auf die Umwelt auswirkt. Auch die Vermittlung von allgemeiner Klimakompetenz an die Living-Lab-Teilnehmer*innen ist ein zentraler Bestandteil.
Als Projektziel soll ein Empfehlungskatalog für Entscheidungsträger*innen in Politik und Gesundheitswesen erstellt werden. „Der Klimawandel und die demografische Entwicklung sind elementare Herausforderungen für die Gesundheit der Menschheit. Mit ,KliMate‘ verbinden wir beides, um eine nachhaltige Lösung zu schaffen“, betont Dorner. „Ich bin sehr stolz, dass wir am Haus der Barmherzigkeit Teil dieser wegweisenden Studie sein dürfen.“
KliMate-Forschungsteam
Foto-Credit Headerbild: Pexels / Vlada Karpovich