Ein Staubsauger holt Hilfe
Er bringt nicht nur die Wohnung auf Hochglanz, sondern kann zum Lebensretter werden. Die Akademie für Altersforschung am Haus der Barmherzigkeit entwickelt gemeinsam mit seinen Projektpartner*innen den Smart Companion.
Ein unaufmerksamer Moment, und es passiert: Auf seinem Rückweg von der Küche ins Wohnzimmer stolpert der 86-jährige Herr K. über die Teppichkante. Er fällt zu Boden, verletzt sich am Knie und schafft es nicht mehr hoch. Da er allein lebt und bereits einige Vorerkrankungen hat, besitzt der Pensionist eine Notfalluhr. Diese kann im Ernstfall direkt mit dem Rettungsdienst Kontakt aufnehmen, doch Herr K. hat sie beim Geschirrabwasch abgelegt. Er ruft nach Leibeskräften um Hilfe, bleibt jedoch unbemerkt – stundenlang. Erst am späteren Abend wird eine Nachbarin am Gang auf ihn aufmerksam und verständigt die Einsatzkräfte.
Intelligente Technik fördert Autonomie
Eine Szene, die sich in österreichischen Haushalten immer häufiger zuträgt. Ein Drittel aller Personen über 65 stürzt einmal jährlich, und mit zunehmendem Alter nimmt diese Tendenz zu. Hier kommt der Smart Companion ins Spiel. Der Staubsaugroboter nimmt Sprachbefehle entgegen und verständigt im Notfall den Rettungsdienst oder Angehörige. Noch ist das Gerät nicht im Handel erhältlich, aber die Akademie für Altersforschung am Haus der Barmherzigkeit (kurz AAF) arbeitet in Kooperation mit der FH St. Pölten, Bosch Engineering und Samariter Bund Oberösterreich an der Umsetzung.
Egal ob Smart Home, Alexa oder Rasenroboter: Intelligente technische Heimsysteme boomen und erleichtern den Alltag vieler Menschen. „Um auch im Alter autonom und selbstständig zu bleiben, lässt sich diese Technik hervorragend nutzen“, weiß AAF Projektmitarbeiter Matei Capatu. Beim Smart Companion wird die bereits bestehende Staubsaugrobotertechnologie erstmals mit einem Sprachassistenzsystem kombiniert. „Das ist ein neuer Ansatz auf dem Gebiet des Ambient Assisted Living“, sagt Capatu. Ein weiteres Novum: Der Prototyp soll mittels Sensoren, die er für die Wohnungsabmessungen benötigt, den Unterschied zwischen Objekt und lebender Person am Boden erkennen. Sollte sich die Person nach einem Sturz nicht melden, weil sie beispielsweise das Bewusstsein verloren hat, schlägt der Smart Companion automatisch Alarm.
Forschen, testen, entwickeln
Das Projekt, das von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (kurz FFG) finanziert wird, läuft bis März 2025. Am Projektende steht der fertige Prototyp. Derzeit feilen die Projektmitglieder an Sturzerkennung und Konfiguration sowie an der Sprache und Spracherkennung. Hierbei wird unter anderem untersucht, wie die Dialoge mit dem Staubsaugroboter gestaltet sein sollten. Natürlich darf auch die Saugkraft nicht außer Acht gelassen werden. „Neben der Assistenzfunktion muss unser Gerät vor allem gut sauber machen können“, lächelt Capatu.
In Fokusgruppen und Workshops wird der smarte Begleiter laufend von Testnutzer*innen ausprobiert. Die AAF führt dazu Anforderungsanalysen, Evaluationen, Befragungen und Erhebungen durch. Ein projektübergreifendes Ethik-Board überwacht außerdem die ethischen Aspekte. „Dort beschäftigen wir uns beispielsweise mit der Frage, ob und wie der Smart Companion in intimeren Lebensbereichen wie dem Schlaf- oder Badezimmer unterstützen könnte“, berichtet Capatu.
Ein Begleiter, der nicht stigmatisiert.
Der Mitarbeiter im Haus der Barmherzigkeit hebt hervor, dass der größte Vorteil für die Anschaffung des Smart Companion im Vergleich zu anderen Robotertechnologien im günstigen Preis liegen werde. Auch die Berührungsängste seien kleiner als mit klassischen Assistenzrobotern, an denen die AAF ebenfalls forscht. „Der Staubsaugroboter wird als weniger stigmatisierend wahrgenommen, weil er auch bei jüngeren Menschen zum Einsatz kommt und von anderen Familienmitgliedern benutzt wird. Die Assistenzfunktion ist also ein zusätzliches, aber wirkungsvolles Add-on.
(Fotocredits: FH St. Poelten/Florian Stix)